Die Reise in eine fremde Welt

3 Wochen in Buniadu!

Meine Reise begann bereits mit einem holperigen Flug bei schlechtem Wetter von Bremen nach Brüssel mit einer kleinen Airline in einer noch kleineren Maschine. Von Brüssel ging es dann mit einem entspannten Flug über Dakar nach Banjul.
Als ich gegen 18.20 Ortszeit in Banjul angekommen bin, war es noch sehr warm (ca.32 Grad). Heiner und Heike haben bereits am Flughafen auf mich gewartet. Die Abfertigung am Flughafen allein ist schon ein Erlebnis der besonderen Art. Erst wird man registriert und dann muss man etwas länger auf seinen Koffer warten. Easy easy, here is Gambia. Gambia ist halt etwas gemächlicher als Europa. Diese Einsicht traf mich also schon nach einer halben Stunde in diesem Land.
Eine weitere halbe Stunde später, nachdem ich meinen Stempel im Pass und mein Gepäck hatte, konnte ich den Flughafen verlassen. Heiner und Heike haben mich mit einer kalten Flasche Wasser empfangen und wir sind mit unserem Krankenwagen zurück nach Buniadu. Auf der Fahrt durch Banjul zum Hafen wurde es bereits dunkel, so dass ich zunächst von der Umgebung nicht viel sehen konnte. An der Fähre angekommen, habe ich dann bereits den ersten Eindruck von der Mentalität der Menschen hier bekommen.

Gedrängel auf der Fähre

Das Health Center in Buniadu

Dank Heiner und Heike bzw. ihrer langjährigen Erfahrung im Umgang mit den Militärs und der Polizei hatten wir nur knapp 1,5 Stunden Wartezeit bevor wir auf die Fähre gekommen sind. Gegen 23 Uhr waren wir dann endlich an der Lodge in Buniadu. Mein erster Tag in dieser fremden Welt ging zu Ende und die erste Nacht mit fremdem Geräuschen und einigen Krabbeltieren begann.
Am nächsten Morgen war dann um 7 Uhr aufstehen angesagt, da Heike ab 8 Uhr mit der Arbeit im Health Center (HC) beginnt. Heiner hat mich dann allen im HC und den wichtigen Persönlichkeiten im Dorf vorgestellt. Gegen 11 Uhr gab es dann Frühstück. Tapalappa mit Spaghetti ( Baguette mit Spaghetti und Zwiebeln). Sehr schmackhaft, auch wenn es als Frühstück für einen Europäer etwas komisch ist.

Tapalappa. Gewöhnungsbedürftig aber schmackhaft

Ein kleiner Shop im Dorf

Ich habe den Tag dann damit verbracht, mit Heiner einige Dinge in Barra auf dem Lokalmarkt (ähnlich wie ein Deutscher Wochenmarkt plus kleinere Läden) einzukaufen und mir erst mal alles angesehen. Gegen ca. 15 Uhr waren die Behandlungen für den Tag erledigt. Es waren 68 Patienten da und Heike sagte das war ein normaler!?! Tag.

An den Wochenenden findet keine Behandlung im HC statt. Notfälle werden aber Tag und Nacht behandelt. Die Unterkunft liegt in unmittelbarer Nähe zum HC, so dass die Leute im Notfall auch dort vorbeikommen. Dennoch mussten wir zum HC. Es musste gewaschen werden und der Müll musste verbrannt werden. Heike hat mir die Umgebung der Lodge gezeigt. Es war sehr interessant, da die Lodge direkt an einem Seitenarm des River liegt. Am Sonntagabend hat uns der Vater von Gibril besucht und er hat sich bei uns nochmal herzlich bedankt da wir seinem Sohn geholfen haben und ihm zusätzlich noch das Augenlicht gerettet haben (siehe Berichte Gibril).

Die Einfahrt zur Lodge

Gebäude auf dem Gelände

Blick auf den Seitenarm

Also ich bin nun 3 Tage hier und muss gestehen das ich so wie Heiner und Heike hier auf der Lodge leben nicht leben könnte und wollte. Ich habe zwar relativ gut geschlafen, aber dennoch ist es äußerst gewöhnungsbedürftig sich aus einem Wasserkanister bzw. einem Eimer bei romantischem Kerzenschein zu waschen.

Da in Buniadu noch kein Strom vorhanden ist gibt es folglich auch kein Licht in der Unterkunft. Das Wasser zum Waschen, Kochen und Trinken bringen wir in 20 l Kanistern vom HC mit. Das Trinkwasser wird mit einem Desinfektionsmittel für uns Trinkbar gemacht. Aber nicht nur fehlender Strom oder auch kein Wasser aus der Leitung sind es die hier gewöhnungsbedürftig sind. Nein es gibt auch diverse Tierchen die man eigentlich nicht gern im Haus hat. Heimchen, Ameisen, Spinnen, Schaben oder auch mal Termiten können es sein, die einem noch einen Besuch abstatten. Es kommt auch gern mal vor das man das ein oder andere Reptil im Zimmer hat, wobei man hier bedenken muss das einige keine Beine haben. Das habe ich aber zum Glück nicht erlebt.

Die Unterkunft

Mein Zimmer

Der kommende Tag war etwas ruhiger (es sah jedenfalls so aus als wir am HC angekommen sind). Heute saßen dort nur ca. 20-25 Patienten. Es wurden dann doch so viele das wir einige gegen Abend nach Hause schicken mussten. Es waren zum Schluss dann wieder fast 70 Patienten, wobei momentan sehr viele davon Malaria haben. Die Regenzeit hat lange angehalten und war wohl auch heftiger als die Jahre zuvor. Es sind einige Häuser hier die nicht mehr bewohnbar sind.
Ich bin heute übrigens das erste Mal mit einem Gille Gille (Buschtaxi) zum Markt gefahren. Interessant wie viele Personen in so einen Kleinbus passen. Es war ein Mitsubishi L300 und es waren 15 Erwachsene und 5 Kinder drin. Auf dem Dach waren noch ein paar Sachen und 2 Schafe.
In den folgenden Tagen war immer wieder volles Haus bei der Behandlung, so dass ich Heike eigentlich nur gesehen habe, wenn ich mir die Behandlungen angesehen habe oder wir was besprochen haben. Ansonsten waren Heiner und ich immer irgendwo am Bauen, besorgen oder räumen.

Wenn ich bei den Behandlungen zugesehen habe war ich teilweise schon erstaunt, wie hier was behandelt wird. Aber was ich eigentlich am schlimmsten fand waren die vielen Infektionen, wo man in Deutschland eigentlich schnell mit durch ist. Aber so ist das halt wenn man ohne die entsprechenden Mittel zurechtkommen muss.

Da wir noch keinen Strom im HC haben müssen die Begutachtungen und Wundreinigungen zeitweise mit Stirnlampen durchgeführt werden. Die Patienten die in Buniadu erscheinen kommen teilweise von wirklich weit her. Bis zu 70 km nehmen die Menschen auf sich! Dies liegt aber nicht nur daran, dass es in ihrer Nähe sonst niemanden gibt, sondern auch daran, dass unser HC Buniadu einen sehr guten Ruf hat.

Die Wartehalle ist immer voll besetzt

Hier wird eine Patientin behandelt

Nun war wieder einmal Wochenende und es wurde gewaschen. Heike hat sich teilweise um den Büro kram gekümmert. Auch wenn das alles hier etwas anders läuft, als wir es gewohnt sind, muss auch hier alles dokumentiert werden. Nichts desto trotz haben sich die Beiden die Zeit genommen und mir mal Albreda gezeigt. Die Straße dorthin wird grade ausgebaut. Die Beiden waren begeistert, dass man jetzt so gut dort fahren kann. Ich sage nur: „Gut ist relativ“! In einigen Teilen sind die Löcher in der Piste noch so, dass man nur Einspurig durch kommt. Aber das Schlimmste an der Fahrt war eigentlich das, was man so sieht und erlebt. Affen überqueren die Straße nach Herzenslust und Kinder rennen einen direkt vor den Wagen, wenn man nicht aufpasst. Daran sind die „dummen“ Touristen schuld, die aus den Autos Süßigkeiten für die Kinder auf die Straße werfen. Die Kinder sehen nur das Auto mit weißen Menschen und rennen los.

Die zweite Woche war etwas ruhiger für Heiner und Heike, da das HC geschlossen war. Es wurden nur die Patienten zum Verbandwechsel bestellt. So konnten wir uns um andere Dinge kümmern wie z.B. die Container mal sortieren und das Material sichten, da es in der Regenzeit und der Abwesenheit von Heiner und Heike in einen Container rein geregnet hat. Leider sind einige Dinge dem Wasser zum Opfer gefallen, aber das meiste war noch in Ordnung. Wir haben die Sachen dann in die Sonne gelegt und nach 3 Stunden war alles trocken. Heiner hat mit Mussa dann die Vorbereitung für die Brunnenbohrung getroffen und den ersten Baum gefällt am HC.

Heike guckt wo da Leck ist.

Baumfällarbeiten

Am 16.11. war für die Gambier ein besonderer Tag. Tabaski, das muslimische Fest war auch für mich eine Erfahrung, da ich als Christ daran eigentlich nicht so direkt teilnehmen kann. Da wir von RDI aber hier in Buniadu nicht nur akzeptiert sondern integriert sind und ich für die Leute hier ein Gast war, durfte ich an dem Gebet und allem teilnehmen. Hier wird nach einem Vorgegebenen Brauch durch den Imam das erste Schaf geschlachtet. Dann dürfen auch die anderen Schlachten, die sich eines kaufen konnten.
Nach der Zeremonie sind wir dann zur Lodge gegangen, haben uns ausgeruht und für den Abend fertig gemacht. Einige Leute aus dem Dorf sind zur Lodge gekommen, haben uns Essen gebracht oder auch einfach nur rohes Fleisch. Spät am Nachmittag sind wir dann ins Dorf gegangen, da wir überall eingeladen waren. Es war eigentlich mehr ein Pflichtlauf, da man ja auch keinen auslassen darf.
An diesem Tag konnte man mal erleben wie gastfreundlich und ich sage einfach mal glücklich die Menschen hier sind. Die Dorfbewohner geben uns Ihr hart verdientes Essen, bieten uns die besten Stühle an und würden für uns als Gäste alles geben, was Sie haben. Sie tanzen und feiern auf ihre Art mit dem was Sie haben.

Das ganze Dorf hat sich versammelt und rausgeputzt für das gemeinsame Gebet

In den folgenden Tagen haben wir dann noch den zweiten Container leer gemacht, da er umgestellt werden muss. Ein Leck in der Wasserleitung darunter macht es der Firma unmöglich dort heranzukommen. Heiner hat mit einigen Arbeitern dann die anderen Bäume gefällt, damit wir für die erwartete Solaranlage das Dach sanieren können.

Was die beiden hier so unter den gegebenen Umständen leisten ist beachtlich. Aber es passt auch sehr gut, da Heike als Leitung der Behandlung und Heiner als technischer Leiter sich gut ergänzen. Ihre Nebentätigkeit als Hoteliers für unsere Volontäre meistern die Beiden hervorragend. Sie versuchen alles Mögliche, um es einen so angenehm wie möglich zu machen.

Für die letzten Tage in Gambia habe ich mir ein Hotelzimmer gebucht, um die Eindrücke zu verarbeiten und mich wieder an einen gewissen Standard zu gewöhnen. Als ich im Hotel angekommen bin war es erst mal ein Gefühl von Luxus. Zimmer mit Klimaanlage, Licht wann immer ich wollte und das wichtigste für mich……… eine Dusche !
Als ich am Abreisetag dann abends um 18 Uhr zum Flughafen bin, war ich schon froh wieder in mein gewohntes Umfeld zurück zu kehren. Jedoch war mir zu dem Zeitpunkt nicht bewusst das 45 Grad Temperaturunterschied so fürchterlich kalt sein kann.

Mein Fazit:
Die Zeit in Gambia hat mir die Wichtigkeit unserer Arbeit noch deutlicher gezeigt. Die Menschen vertrauen auf unsere Hilfe und Arbeit vor Ort. Das was in Buniadu geleistet wird, ist so kaum zu beschreiben oder zu verstehen. Auch wenn ich viele Dinge wusste, habe ich sie erst jetzt verstanden. Unsere Freiwilligen vor Ort leben und arbeiten unter geringfügig besseren Bedingungen wie die Dorfbevölkerung. Diese sozialen Umstände machen es für einen Europäer nicht leichter in einem Land wie Gambia.
Eine alleinige Tätigkeit ohne deutsche Leitung vor Ort wird voraussichtlich noch Jahre dauern. Für uns als Verein ist es somit von hoher Bedeutung, dass wir kontinuierlich deutsches Personal vor Ort haben. Nur so können wir unseren Patienten, der Bevölkerung, unseren Mitgliedern und Spendern gerecht werden.

Christian Göken