Freiwilligeneinsatz von Stefan Lungwitz
Hier folgend mein Erfahrungsbericht zum Freiwilligeneinsatzin Gambia. Im Frühjahr 2014 verbrachte ich zwei Monatebei RDI in Buniadu.Als ich Ende 2013ein sogenanntes“sabbatical“mitmeinem Arbeitgeber vereinbarte, kam ich durch eine persönliche Empfehlung zu der Ideeeines ehrenamtlichen Arbeitseinsatz bei diesem gemeinnützigen Vereinin Gambia zu absolvieren.
Meine Motivation lag hauptsächlich darin,den Menschen in Gambiazu helfen sowie Einblicke in deren Leben und der Vereinsarbeit vor Ort zu erhalten.
Zum damaligen Zeitpunkt habe ich trotz mehrmaliger beruflicher Reisen nach Nigeria noch keine richtige Vorstellung davon gehabt,was dort alles auf mich zu kommen wird.
Jedoch machte mir die unkomplizierte und unbürokratische Organisationmit RDIim Vorwege das Lebendeutlich einfacher. Durch das RDI-Informationsmaterialwurde ich gut vorbereitet.Nach Ankunft und Eingewöhnungsphase im touristisch geprägten Süden,erwartetemich im Camp bei „Heiker“, wie ich die lokalen Projektleiter Heike und Heiner gern liebevoll nenne, ein gut organisiertes jedochrustikales und ursprüngliches Leben.Geduscht wird aus Eimern, gekocht auf Gaskochern, Wasser kommt aus dem 40m tiefen Brunnen und derStrom aus Solartafeln.
Gekocht wird jeden Abend frisch querbeet. Ob vegetarisch, einheimisch oder norddeutsch,musste ichzu meiner Begeisterung feststellen,dasshier alles „Bio“ ist.
In Deutschland laufen die Leute in die hochpreisigen Bio-Supermärkte, doch hier ist die konventionelle Landwirtschaft aufgrund fehlender Spritzmittel / Schädlingsbekämpfungsmittel von Natur aus biologisch. Wie ich feststellen konnte,wirddas Gemüse nur mit Kuhdung, Erdnuss Schalenund Mutter Erdegefüttert. So schmeckt das Gemüse hier noch so wie man es aus Kindestagen aus Großmutters Garten kennt.
Nach kurzer Einweisungsphase durfte ich an der Sanierung der Freiwilligenunterkünfte sowie des benachbarten Wohnhauses mitarbeiten. Dies betraf vor allem den Innenausbau der neuen Freiwilligenunterkunft, Errichtung der Betten samtMosiktoschutz, Verputzen von Löchern, Fliesen legen, Erstellung eines Regenwasserschutz, einsetzten neuer Fensterfronten und Sicherungsgitter etc.
Als Nächstes stand der sogenannte „Bantaba“ (lokal typischer gesellschaftlicher Versammlungsort) auf der Agenda. Es galt die gesamte Dachkonstruktion inklusive Abstützung zu überarbeiten. Es handelte sich dabei um eine Konstruktion aus Stahlprofilen (Vierkant-und Winkelprofile) und Palmenhölzern. Zur finalen Abdeckung wurden dann gebundene Strohmatten verwendet. Als Vorlage für den Materialeinkauf und die Vorgehensweise beim Bau wurden entsprechende Handskizzen erstellt und bemaßt.
Das gesamteabzudeckende Spektrum an Arbeitenbedurftenicht zwingend einer handwerklichen Berufsausbildung, sondernentspricht vielmehr einemfundierten heimwerken auf hohem Niveau.
Wichtig für die Erfüllungder an mich gestellten Arbeiten waren, stetseinenPlan im Kopf zu habenund diesen strategisch abzuarbeiten. Jedoch muss man dabei die nötige Flexibilität und Gehör für die Meinung der lokalen Facharbeiter aufbringen. Diesmusste ich vor Ort lernen und es hat mir bei der Erfüllung der Aufgaben am Ende wirklich weiter geholfen.
Aus handwerklicher Sicht entsprechen die Arbeitsumständezum Teileiner Reise in die Vergangenheit. Gearbeitet wird mit teilweise hochwertigen Werkzeuge aus deutschen Materialspenden und traditionellen lokalen Arbeitsmittelnsowie jede Menge „manpower“. Aufgrund der örtlichen begrenzten Verfügbarkeit an Baumaterialien ist dabei eine Menge Improvisationstalent und Reaktionsvermögen gefragt.
Nebender Bautätigkeit habe ich in meiner Freizeit das Leben im Camp und dem Dorf sehr genossen.Ich habe viel Ruhe finden können, trotz der vielen Projekte und dem Tagesgeschäft
(Wasser vom HC holen, Lebensmittel in Barra einkaufen, Essenszubereitung etc.). Aber das steht nicht im Vergleich zu demStress den man im deutschen Alltag ausgesetzt ist.
Trotz der Möglichkeit des Internetzugangs(wenn auch unter sehr erschwerter Verbindung), habe ich eine nahezu Abnabelung dieser Aktivitäten sehr genossen. Mal für einige Wochen kein Facebook, Outlook, whatsapp, viber, gmail etc. benutzten „zu müssen“, empfand ich als eine wahre Wohltat. Dass unsere moderne Kommunikationsgesellschaft in vielerlei Hinsicht ein Segen ist,so ein großer Fluch kann es auch für die innere Ruhe bedeuten. Und das ist mir hiersehr bewusst geworden.Das Zusammenleben mit Heike und Heiner hat mir viel Freudebereitet. Auch wenn man sich im Alltagsablauf mal an einander reibt, haben wir dennoch stets als Team agiert. Gemeinsame Aktivitäten wie das Abendessen mit anschließendem „african-TV“, sprich gesellschaftliches Lagerfeuer mit einem Feierabendbierchen,haben mir die Möglichkeit gegeben deren Erfahrungen anzuhören.
Die Wochenenden standen zur freien Verfügung, diese habe ich mit kleineren Ausflügen oder der Teilnahme an Aktivitäten im Dorf verbringen können. So habe ich einige Hochzeits-und Trommelfeste miterleben dürfenoder mit den lokalen Fußballern gekickt.Bei den Menschen hier hab ich mich stets sicher gefühlt. Die Gambierhabe ich als sehr Fried selige und offene Menschenkennen gelernt.
So habe ich auch gute Einblicke in das afrikanische Dorfleben bekommen können. Was mir dabei geholfen hat, die Sorgen und Nöte der Einwohner sowie die Unterschiede zwischen den verschiedenen Volksgruppen besser zu verstehen. Viele Dinge waren mir im Vorfeld diesbezüglich bei weitemnicht so bewusst gewesen.
An dieser Stelle finde ich es ganz passend einmal Heiner zu zitieren: „Das Leben hier ist so schön, man muss es nur verstehen“.Mein Fazit:Durch das einfache und auf das wesentlich beschränkte Leben vor Ort,konnte ich Abstand zu dem schnelllebigendeutschen Alltagsleben gewinnen. Mir ist dadurch erst wieder richtig bewusst geworden in welchem selbstverständlichen Überfluss und Wohlstand wir zumeist in Westeuropa leben.
Ich lernte in Gambiaim Umgang mit der einheimischen Bevölkerung deren Gebräuche und Sitten besser zu verstehen sowie vor allem zu respektieren. Aber auch in einiger Hinsicht als gut ausgebildeter Westeuropäer mit gutem Bespiel voran zu gehen, vor allem was Arbeitsgüte,Gewissenhaftigkeit und Zuverlässigkeit angeht. Das Verhalten der Europäer wird hier nämlich genausten beobachtet und bewertet. Man ist dabei stets auch Repräsentant seineseigenen HerkunftslandundseinerKultur.Ich danke Heiner und Heike für ihre Bemühungen vor Ort und weiß diese enorm zu schätzen. Ich bin gerne bereit auch über meinen Einsatz hinaus weiter die Vereinsarbeit zu unterstützen.