Erfahrungsbericht von Dr. Jana Baum, Internistin (Februar 2019)

Vor zwei Jahren saß ich nach irgendeinem 13 stündigen Wochenenddienst (in dem man als internistischer „Roadrunner“ die Notaufnahme und verschiedene Normalstationen mit acht Armen gleichzeitig bedient) auf dem Balkon und sinnierte über die hiesige medizinische Arbeitswelt und mein seit Monaten brodelndes Fernweh. Es könnte spektakulärer sein, aber am Ende tippte ich: Afrika-Arzt-Freiwillig. Über ein paar Umwege stieß ich auf den Riverboat-Doctors-International e.V.

Bei meinem ersten Einsatz war ich als einzige Freiwillige Vorort in Buniadu. Die Herzlichkeit der Dorfbewohner hätte größer nicht sein können und aus Kollegen wurden schnell Freunde.
Mit ein paar Brocken Mandinka, meinem neu entwickeltem chronischen Ataya-Abusus (dies ist eine Art schwarzer Tee, der dort in rauen Mengen, wie bei uns Kaffee, gebraut und getrunken wird) und meiner ärztlichen Tätigkeit fühlte ich mich sehr erfüllt.

Die ärztliche Tätigkeit in Buniadu erfüllte mich mehr als Pneumoniebögen auszufüllen oder das Entlassmanagements vorzubereiten, so wie ich es in Deutschland tue. Daher wollte ich schnellstmöglich wieder zurück nach Gambia. Mein damaliger Arbeitgeber in Deutschland konnte meinen Urlaubswunsch allerdings aus verschiedenen Gründen nicht gewähren, sodass ich nach einem Nachtdienst recht spontan und chaotisch meine Kündigung aus dem Kittel zauberte, um vier Wochen später erneut nach Buniadu zurückzukehren. Das Ganze hat sich bis jetzt fünf Mal wiederholt (allerdings ohne jedes Mal zu kündigen).

Was mich an der Arbeit in Gambia fasziniert ist das breite Spektrum an Erkrankungen und die klinisch eindrücklichen Krankheitsbilder. Der westliche Elfenbeinturm der Spezialisierungen ist dort (leider noch) sehr weit entfernt. Dadurch begegnete mir natürlich auch die pure Machtlosigkeit, bei verschiedenen(schweren) Fällen nichts tun zu können. Diese Erfahrungen erdeten mich als Ärztin und machten mich zeitweise auch wütend auf die Gegebenheiten hierzulande- was aber am Ende auch verkehrt und wenig hilfreich ist.

Die Patienten in Buniadu sind häufig jung und sehr geduldig. Für abdominelle Beschwerden gibt es in der Krankenstation ein charmantes Sonografiegerät, welches bis dato Regenzeiten und den Harmattan (heißer, trockener Wind, der große Sand-und Staubmengen mit sich bringt) überlebt hat. Nahtmaterial kommt im „dressing room“ (Verbandsraum) zum Einsatz, in dem obendrein auch Abszesse gespalten und kleine chirurgische Eingriffe durchgeführt werden.

In der Regel erfolgt die Behandlung nach der Reihenfolge der Registrierungen, triagieren aber auch nach bestimmten Kriterien (z.B. hohes Fieber). Bei teilweise bis zu 100 Patienten am Tag ist es jedoch fast ein Ding der Unmöglichkeit einen Überblick zu behalten.

Meine Laufschuhe kommen auch in Gambia zum Einsatz, wenn auch in abgespeckter Form. Dafür trifft man während seiner Joggingrunde auf Affen, Krokodile, Esel und buntes Gefieder. Bisher habe ich mich nie unsicher gefühlt oder eine Auseinandersetzung mit jemandem gehabt. Hierzulande ist immer auch Musik und Tanz dabei, natürlich ohne Alkohol. Was soll ich noch sagen?

In einigen Wochen werde ich wieder für einen Monat in diese Welt eintauchen und freue mich jetzt schon riesig auf ein Wiedersehen und meine ärztlichen Tätigkeiten vor Ort.

Jana Baum