Einsatz von Ärztecamp International e.V.- Mitgliedern im Health Center von Riverboat Doctors International e.V. vom 12. Januar bis 1. Februar 2016

Teilnehmer von Ärztecamp International e.V.:

  • Irmgard Balser, stimmberechtigtes Mitglied (Kassier)
  • Helge M. Kath, Fördermitglied

Während unserer 3-monatigen Wohnmobilreise durch West-Afrika, wollte ich (Mitglied und Kassier von Ärztecamp International e.V. und Mitglied bei Riverboat Doctors International e.V.), als Laborantin für ca 4 bis 6 Wochen in dem, von einer Krankenschwester und ihrem Mann (Heike und Heiner Tautz) vor ca, 7 Jahren aufgebauten, Health-Center in Buniadu, Gambia ein Basis-Labor einrichten. In vier Wochen fuhren wir mit unserem Wohnmobil durch Marokko, Mauretanien und den Senegal, um dann am Vormittag des 12. Januar im RDI-Health Center in Buniadu einzutreffen. Nach einer herzlichen Begrüßung durch die Gründer des kleinen Gesundheitszentrums, Heike und Heiner Tautz leitete man uns zur Lodge. Dort suchten wir uns den günstigsten Stellplatz für die nächsten 4 bis 6 Wochen, erkundeten die Umgebung und akklimatisierten uns erst einmal. Beim gemütlichen Beisammensein am Abend erfuhren wir etwas über den Arbeitsrhythmus des Teams.

Tagesablauf , Personal und Räumlichkeiten

Morgens Abfahrt ca. halb 8 Uhr, mitsamt aller leeren Wasserkanister, da es in der Lodge und Umgebung kein fließendes Wasser gibt. Ankunft am Health Center gegen 7.30 Uhr, viele Patienten warten bereits. Der Nachtwächter hat begonnen Nummern auszugeben. Es folgt eine kurze Teambesprechung im Freien…..ein Besprechungsraum/Pausenraum ist nicht vorhanden.
8 Uhr Frau Heike Tautz (Projektleitung) gibt anhand der Bedarfsliste der einzelnen Behandlungsräume das Verbandsmaterial / Medikamente aus. Die Bedarfsliste wird tags zuvor von der entsprechend verantwortlichen Mitarbeiterin erstellt. Die neue Apotheke ist gut ausgestatten und durchlüftet. Monatlich einmal werden Medikamente in einer Apotheke auf der anderen Seite des Ganbiaflusses günstiger eingekauft, als diese in der Apotheke des Distrikt Krankenhauses in Essau erhältlichen wären.
In der Halle, Wartebereich (das Dach war zu diesem Zeitpunkt noch sehr desolat), befindet sich die Rezeption (separater Raum). Hier werden die Patienten registriert (Rohey) und im Büro die Krankenblätter herausgesucht. Guido, verantwortlich für die Statistik und für den reibungslosen Ablauf in der Wartehalle, lässt nach der Registrierung jeweils 4 Patienten in den internen Wartebereich vor. Von hier geht es zum Vorgespräch zu Ismail. Hier wird je nach Grund des Arztbesuches ein entsprechendes Formulare ausgefüllt. Alle Patienten werden gewogen, Blutdruck und Fieber gemessen, und den Behandlungsräumen zugewiesen.
Anschließend Beginn der Behandlungen in 3 Behandlungsräumen und einem Screeningraum.
Es gibt einen Krankenpfleger mit einem Zertifikat (Landing), das seine Ausbildung zum Krankenpfleger bescheinigt und 3 angelernte Pflegekräfte (Efo – schon 4 Jahre dabei, Jainaba und Abby). Jeder Behandlungsraum ist mit einer PflegerIn besetzt, die 4. Kraft wirkt als Springer, es findet immer wieder ein Wechsel statt. Die Pflegerinnen sind alle sehr motiviert und einfühlsam mit und zu den Patienten!
Fr. Heike Tautz wechselt von einem Behandlungsraum in den nächsten und versorgt mit Ruhe und Geduld zwischen 40 und 75, manchmal auch mehr, Patienten pro Tag mit einer kurzen Pause gegen 10.30 – 11 Uhr.
Die gute medizinische Versorgung bringt es mit sich, dass die Patienten immer weitere Wege auf sich nehmen, um in Buniadu untersucht und behandelt zu werden! Jede Konsultation kostet bisher 5 Dalasi, die Medikamente und das Verbandsmaterial werden noch umsonst abgegeben. Doch die Finanzierung wird immer schwieriger, die Patienten immer mehr.
Heiner Tautz kümmert sich derweil um die Solaranlage, die Tiefwasserpumpe (40 m tief mit nachgewiesenermaßen bestem Trinkwasser), die Wäsche, Reparaturen, hält Sitzwache bei Patienten, die zB an einer Infusion hängen und fährt natürlich alle Noteinsätze. Ein weiteres wichtiges Aufgabengebiet von Heiner ist der Kochworkshop. Mütter, deren Kinder unter- und auch fehlernährt sind wird empfohlen an diesem, einmal wöchentlich stattfindenden, Kochworkshop teil zu nehmen. Hier kochen sie gemeinsam eine vitamin- und eiweißreiche Mahlzeit, in einem Topf auf dem Holzfeuer. Mit den je nach Jahreszeit verfügbaren, bezahlbaren Nahrungsmitteln (z.B. Süßkartoffeln, Casava (Yamwurzel), Kürbis, kleingeschnittene Blätter der Süßkartoffel, gemahlene Erdnüsse, geräucherter entgräteter Fisch und hart gekochte Eier) wird gemeinsam mit den Müttern eine hochwertige Mahlzeit zubereitet. Anschließend wird gemeinsam gegessen, der Rest wird den Müttern für eine weitere Mahlzeit für die Kinder mitgegeben. An jedem Workshop werden 25 bis 35 Kinder bekocht und jedes Kind bekommt noch eine Mahlzeit mit nach Hause. Die Kosten belaufen sich auf 20 bis 25 Euro pro Workshop.
Offiziell endet der Arbeitstag um 16 Uhr, was aber meist nicht einzuhalten ist.

Statistik

Während eines jeden Behandlungstages erstellt Guido eine Tagesstatistik: Anzahl der Patienten, Geschlecht, Kinder, Erwachsene, Diagnosen, Medikation, Überweisungen. Da das RDI-Health Center dem Distrikt-Krankenhaus in Essau unterstellt ist müssen monatlich diese Statistiken zusammen gestellt und die erhobenen Daten dem D-KH Essau mitgeteilt werden, welche es wiederum an die Regierung (Gesundheitsministerium) weiter leitet.
Die häufigsten Erkrankungen bei Kindern: Wurmbefall, Husten auch Asthma, Durchfall und Erbrechen, Malaria, Mangel- bzw. Fehlernährung, Hauterkrankungen, Verbrennungen, angeborene und erworbene Herzerkrankungen.
Bei Erwachsenen: Bluthochdruck, Diabetes, Malaria, nicht heilende Wunden, bronchiale Erkrankungen, Schwangerschaftsprobleme, Zustand nach Schlaganfall, Magenprobleme (Gastritis, Ulcus), Infektionen des Urinsystems und neuerdings auch vermehrt Patienten mit Epilepsie.

Labor

Meine Aufgabe hätte sein sollen ein Basis-Labor aufzubauen. Es wurde angenommen, dass sich alle notwendigen Utensilien in einem der 3 Container befinden. Also packten wir es an und suchten den ersten Container durch, doch bis auf eine alte Hämatokrit Zentrifuge fanden wir in dem undichten, regennassen Container nur noch ein Leitzmikroskop mit Diskussions-Tubus und ein weiteres Binokular Mikroskop von Steindorf. Ansonsten nur – vom durchgedrungen Regenwasser muffelnde – OP-Wäsche und Objektträger in verschimmelten Kartonagen.
So räumten wir erst einmal einen Container aus, lüfteten und trockneten was noch brauchbar war. ZB auch ein Ultraschallgerät, das vom nächsten Einsatz-Team (Ärztecamp International e.V.) im Februar wieder in Betrieb genommen werden konnte. Wir sichteten die beiden anderen Container und suchten im Store was evtl. für die Einrichtung eines Basislabors verwendet werden könnte. Die Überprüfung der Mikroskope ergab, dass das LEITZ-Mikroskop in Ordnung zu sein scheint, das STEINDORFF konnte jedoch nicht überprüft werden (fehlende passende Leuchtmittel, defekte Sicherung). Es gibt noch ein weiteres sehr gut erhaltenes Monokular-Fluoreszenzmikroskop (PARTEC), das vorwiegend zur frühzeitigen Malaria-Diagnostik vorgesehen ist, doch fehlen hierzu die Reagenzien.
Leider ist kaum etwas vorhanden, um ein kleines Labor für Blutbild, Differential-Ausstrich und Harnstatus, bzw Harnsediment, aufbauen zu können. Die Frage ist auch wer zB Erythrozyten und Leukozyten zählen, ein Differentialblutbild auswerten und ein Harnsediment unter dem Mikroskop beurteilen kann. Die derzeitigen Angestellten sind damit überfordert, es müsste extra eine Laborantin eingestellt werden, was vermutlich zu kostspielig würde. Auch wäre dann die Frage, ob man sich mit den alten, langwierigen Untersuchungsmethoden überhaupt noch beschäftigen sollte. Es gibt Photometer, AutoAnalyzer und viele Schnelltestmethoden.
Wenn man ins Auge fasst das RDI-Health-Center mit modernen Geräten zu bestücken, die auch eine Schnittstelle zum PC haben könnten, dann muss man allerdings auch bedenken unter welchen klimatischen Bedingungen diese funktionieren müssten! Temperatur und Luftfeuchtigkeit, Probenkühlung, ausreichende Stromversorgung, Arbeitsplatz usw. müssten bedacht werden.
Wir konnten das Distriktkrankenhaus in Essau besichtigen. Das dortige Labor verfügt überraschenderweise auch nur über ein Basislabor. Es wird das Hämatokrit bestimmt und daraus der Hb-Wert berechnet. Teststreifen und Malaria-Schnelltest werden bevorzugt. Mir wurde mitgeteilt, dass Erythrozyten- und Leukozyten Zählungen nicht durchgeführt, jedoch Harnsedimente mikroskopisch begutachtet werden.
Es ist zu überlegen, ob bei dem nächsten Einsatz einer Laborantin, eine Minimal-Ausrüstung mitgenommen werden kann. Letztlich wäre eine Micro-Zentrifuge * zur Bestimmung des Hämatokrit erst mal ausreichend (einschließlich aller dazu benötigten Utensilien), da die Handhabung keine lange Übung erfordert und somit schnell jemand angelernt werden könnte. (Insgesamt ca. 800 bis 1200 Euro)

*die im nassen Container vorgefundene alte Haematokrit-Zentrifuge wurde nicht getestet, da die Auswrkungen auf das Strom/Solarsystem nich voraussehbar waren (keine Onformationen auf dem Gehäuse)

Fortbildungsunterricht

Damit die angelernten Pfleger mit der Ausgabe von Tabletten und Suspensionen umzugehen lernen wurde ihnen angeboten am Wochenende rechnen zu üben und anhand von Beispielen mit verschiedenen Dosierungen die Medikation zu bestimmen. Helge Kath (Mathematiklehrer) unterrichtete 2 x ca.3 Stunden Samstagnachmittags in einem Klassenraum der benachbarten Schule. Die Pflegekräfte waren äußerst motiviert und arbeiteten nach anfänglicher Zurückhaltung frohgelaunt mit. Irmgard arbeitete „Hausaufgaben“ aus. Während der Woche wurden Unklarheiten immer wieder hinterfragt, es war eine Freude den Lernwillen und Eifer zu beobachten!

Hygiene

Die Renovierung des Gebäudes im letzten Jahr ermöglichte eine großzügige Verfliesung des Bodens und der Wände, wodurch die Reinigung sehr erleichtert wurde. In jedem Untersuchungsraum gibt es ein Waschbecken mit fließendem Wasser. Die hygienischen Bedingungen erscheinen mir unter den gegebenen Umständen als außerordentlich gut. Leider gibt es für die Angestellten keine Umkleideräume, keine Toiletten und keine Duschen. Für die Patienten wurden allerding bei der Renovierung 2 Stehklos (mit Wickeltisch) an den Wartebereich angebaut.
Zusammenarbeit Projektleitung RDI-und Dorfkommitee
Wir hatten die Gelegenheit bei einem Teamgespräch zwischen der Projektleitung (Heike Tautz), dem RDI- und dem Dorfkomitee dabei sein zu können. Hier sollte die problematische finanzielle Situation des HC diskutiert und eine gemeinsame Lösung gefunden werden. Offenbar war den Mitgliedern der Komitees der Ernst der Lage nicht bewusst. Nach 2 Stunden heftigster Diskussionen baten sie um Bedenkzeit. Zur nächsten Gesprächsrunde waren wir nicht mehr in Buniadu.

Fazit

Alles in allem lebt dieses RDI-Health-Center von dem unermüdlichen Einsatz des Ehepaares Heike und Heiner Tautz, dem liebevollen und sorgsamen Umgang mit den Patienten und der Dorfbevölkerung. Die Angestellten sind so sorgfältig angeleitet worden, dass auch sie den Patienten mit Respekt, Umsicht und Geduld begegnen.
Eine weitere Zusammenarbeit von Ärztecamp International e.V. mit diesem RDI-Health Center würde ich für sinnvoll und möglich erachten, sowohl in medizinischer, als auch finanzieller Hinsicht!


Ansonsten lebten wir in Buniadu gut in unserem Wohnmobil, nutzen die Schöpf- Dusche des Gästehauses und saßen abends gemütlich bei einem oder zwei Bierchen ratschend mit Heike und Heiner zusammen. Da das Klima zur Zeit unseres Besuches (kontinuierlich zwischen 38 und über 40 Grad) Helge Kath gesundheitlich beeinträchtigte blieben wir nicht, wie vorgesehen, mindestens 4 Wochen, sondern reisten nach 3 Wochen vorzeitig ab.
Beim Abschied war ich mir sicher, dass ich wieder kommen werde, allerdings das nächste Mal mit dem Flugzeug und nicht mehr unbedingt mit einem Wohnmobil, nur der langen Strecke wegen (mehr als 11.000 Straßen/Pisten-km).

Irmgard Balser