Erfahrungsbericht von Annika und Neele – September 2019
Einige Wochen vor unserer Abreise nach Gambia sind wir nach Dortmund gefahren, um uns dort mit Jacqueline, der 2. Vorsitzenden von RDI, zu einem persönlichen Gespräch zu treffen. Alle Unklarheiten wurden darin beseitigt und wir machten uns mit zahlreichen hilfreichen Tipps und riesengroßer Vorfreude auf den Weg zurück nach Köln.
Der große Tag konnte nun kommen: Die Impfungen waren vollständig, die Packliste war geschrieben, die Reiseapotheke zusammengestellt.
Trotz Regenzeit haben wir uns gegen die Einnahme von Malariaprophylaxe entschieden. Dafür achteten wir auf unser Einsprühritual mit „Ballistol Stichfrei“ Mückenspray. Würden wir genauso wieder tun.
Unser Flug von Frankfurt aus lief problemlos und mit 23 Kilo Gepäck (plus ein wenig mehr) landeten wir abends in Banjul. Am Flughafen wurden wir sehr freundlich empfangen und zu unserer Unterkunft in Manjai Kunda, zum Gelände des Main Office, gebracht. Die ersten Tage waren sehr anstrengend, da wir uns erstmal ans Klima gewöhnen mussten. Wie sehr wir die Klimaanlage der Unterkunft vermissen würden ahnten wir noch nicht :). Trotzdem hatten wir sehr schöne und spannende Tage in Kotu.
Am Montagmorgen war es dann schließlich soweit und wir fuhren früh am Morgen zur Fähre, die uns nach Barra brachte.
Auch dort wurden wir sehr nett empfangen und fuhren mit einem Taxi nach Buniadu ins Health Center. Dort erwartete uns Giddo, zeigte uns unsere Unterkunft für die nächsten 5 1/2 Wochen und das Health Center. Den Rest unseres ersten Tags in Buniadu verbrachten wir im Health Center. Dort wurden wir erst einmal in die Abläufe eingewiesen.
Nach Feierabend wurden wir oft von den Mitarbeitern zum Lunch eingeladen. Nach Feierabend ist es hier üblich zusammen zu essen. Das Essen wird von ihren Familien im Dorf zubereitet und von den Kindern zum Health Center gebracht.
Jeden Morgen um acht beginnt der Tag im Health Center. Oft kommen die Patienten aber schon viel früher, da viele von ihnen eine lange Anreise mit dem Buschtaxi haben.
Jeder Patient meldet sich in der Registrierung an, bezahlt eine kleine Gebühr und kurz danach werden schon die Vitalwerte gemessen. Weiter geht es zu der „Hauptuntersuchung“. Die Untersuchung der Patienten läuft etwas anders als in Deutschland, da diese meist nur durch ein Gespräch geschieht. Eine körperliche Untersuchung, wie wir sie kennen, erfolgt oftmals nicht. Den beschriebenen Symptomen nach werden Medikamente verordnet, welche sich die Patienten dann im Anschluss in der Medikamentenausgabe abholen können.
Im Allgemeinen sind die Menschen einem immer unglaublich dankbar, auch wenn man ihnen gar nicht richtig helfen kann, weil die diagnostischen Möglichkeiten begrenzt sind oder es keine weiteren Behandlungsmöglichkeiten gibt. Manche Patienten werden zur weiteren Abklärung nach Essau (ca. 10km entferntes Krankenhaus) oder nach Banjul ins Krankenhaus geschickt. Auch die Eigenheiten der Menschen muss man bei der Behandlung/Verordnung berücksichtigen. Zum Beispiel die Annahme: Je größer die Tablette, desto größer die Wirkung.
Von Juli bis Oktober ist in Gambia Regenzeit. Das ist nicht so schlimm wie man es sich vielleicht vorstellt. Der Regen kommt zwar sinnflutartig und hat regelmäßig den Platz vor dem Health Center unter Wasser gesetzt, aber meistens waren die Regenperioden zeitlich begrenzt.
Allerdings bedeutet Regenzeit gleichzeitig auch Erkältungszeit. Die Einheimischen leiden sehr unter den Temperaturschwankungen und der Feuchtigkeit. Wir hatten deshalb bis zu 100 Patienten an einem Tag zu versorgen. Auch der Vorrat an fiebersenkenden Medikamenten und diverser Antibiotika neigte sich zeitweise dem Ende. Dennoch hatten wir widererwarten fast keine Probleme mit Stechmücken und unsere Erwartung, viele Malariapatienten zu sehen, wurde nicht erfüllt.
Schon an unserem Ankunftstag im Health Center bemerkten wir nasse Stellen an den Decken von zwei Behandlungsräumen und auch die Mitarbeiter berichteten uns von Lecks im Dach. Nur zwei Tage später erlebten wir, wie durch heftige Regenschauer und einem zunächst leichten Tropfen durch die Decke, ein richtiges Durchregnen wurde. Schnell war klar, dass diese Räume zum Schutz der Mitarbeiter und der Patienten nicht mehr benutzt werden können. Bei dem großen Patientenandrang war dies ein echtes Problem.
Durch den komplikationslosen Kontakt nach Deutschland und einem erfolgreichen Spendenaufruf unsererseits an Freunde und Familie, konnte das Dach schon einige Tage später repariert werden! Die Mitarbeiter und auch wir waren sehr erleichtert!
Am Wochenende ist das Health Center geschlossen. Nun hatten wir die Möglichkeit, Gambia ein wenig zu erkunden. Mit Mister B, der eine Art Campingplatz in Buniadu betreibt und Touren für Touristen anbietet, fuhren wir nach Jinack Island. Das ist eine Insel im Naturschutzgebiet an der Küste, die man in der Regenzeit nur durch eine abenteuerliche Überfahrt mit einem winzigen Boot erreichen kann. Außerdem haben wir Kunta Kinteh Island besucht, eine kleine Insel im Gambia River von der aus früher Sklaven verschifft wurden.
An einem anderen Wochenende haben wir ein paar Dörfer weiter, zusammen mit Giddo, einen großen Markt besucht. Hier wussten wir gar nicht, wo wir zuerst hinschauen sollten. So viele Eindrücke, Farben, Geräusche und Gerüche prasseln auf einen ein.
Auch die Fahrten mit den Buschtaxis waren immer ein Abenteuer: Die Autos sind gefühlt oft kurz vor dem Auseinanderfallen. Trotzdem werden sie bis oben hin vollgestopft und es kann durchaus passieren, dass man auf einmal neben einem Huhn sitzt.
Wenn man nicht selbst kochen möchte, kann man sich von Mama Kumba Lunch zubereiten lassen. Wir sind zum Essen zu ihr und ihrer Familie gegangen und wurden dort immer sehr herzlich empfangen. So haben wir auch einen Einblick in das typische gambische Leben bekommen.
Das Essen wird über offenem Feuer gekocht, viel Gemüse wird selbst angebaut, die Wäsche wird ohne fließendes Wasser von Hand gewaschen und es ist üblich, dass die Kinder überall mithelfen und auf die jüngeren Geschwister achten. Wenn man durch Buniadu läuft wird einem von allen Seiten zugewunken und oft hat man eine Horde Kinder um sich herum, die einen begleitet. Nur bei den ganz Kleinen fließt schon mal die ein oder andere Träne, wenn sie zum ersten Mal einen weißen Menschen sehen.
Uns ist auf jeden Fall bewusstgeworden wie wenig man eigentlich braucht, um zufrieden zu sein! Und wie viele Dinge wir jeden Tag für selbstverständlich nehmen, zu denen andere überhaupt keinen Zugang haben. Man kann gut eine Weile ohne Strom leben, man braucht nicht unbedingt warmes Wasser zum Duschen und jeden Tag Reis essen macht auch satt.
Es war für uns eine sehr lehrreiche und prägende Zeit, die wir sehr gerne mit den Menschen dort verbracht haben. Eins ist sicher: Es war definitiv nicht das letzte Mal!